Die Denkfabrikantin - Wortdruck von Lotte Lorem
Donnerstag, 6. November 2008
Entertainmentkloake
In Kurzform: Vergangenheit wieder da. Im Stadtdickicht verirrt. Hand gegeben. Knackt immer noch. Absatz abgebrochen. Mist!

Okay, das mit dem Absatz ist ein klitzekleines bisschen geflunkert, aber so klingt es dramatischer. Denn so dramatisch war die Begegnung zwischen meiner Selbst und meiner holden Vergangenheit entgegen allen Erwartungen nicht. Vor allem meine eigenen Erwartungen konnten wieder von der Leiter klettern und es sich auf dem Boden der Tatsachen bequem machen. Ich bin fast ein wenig enttäuscht angesichts dieses Mangels an Melodramatikschnulz. Eine einzige Entertainmentkloake war das! Ich meine, es hätte so filmreif ablaufen können!

Ich hätte wie Scarlett vom Emotionswind umgepustet werden, mich wie Rose an eine einsame Holztür als letzten Halt klammern und im heißen Meer aus Tränen herumschippern oder wie Bridget den Frühstückstisch für mich alleine mit einem trostspendenden Jahresvorrat Vollmilchschokolade eindecken können. Stattdessen aber ist die Handlung seicht und knalleffektarm dahingeplätschert, eine schlicht und ergreifend bescheidene Veranstaltung war das! Dabei hatte der Vorspann all meine Emotionssynapsen auf Alarmbereitschaft gestellt, der Sack Popcorn war auf Grund nicht auszuhaltender Voranspannung schon nach den ersten Minuten aufgefuttert und selbst eine Strohhalmmenge Cola hätte ausgereicht meine aufgeregte Blase zum Platzen zu bringen!

Doch wie gesagt, es kam anders. Meine Vergangenheit hat es doch tatsächlich geschafft, nach einem fast 24 Stunden dauernden Warm-mach-um-den-Block-Lauf, erneut bei mir vorstellig zu werden. Wohlerzogen wie ich nunmal bin, habe ich selbstverständlich Einlass gewährt und mir ihr Anliegen vortragen lassen. Ganz höflich war ich. Professionell könnte man fast sagen.

Jedenfalls, die Vergangenheit hat sich initiativ (d.h. nicht aufgefordert!) um eine Freelancer-Anstellung beworben, war jedoch alles in allem nicht sonderlich überzeugend bei der Präsentation ihrer Qualitäten. Eher so och nö, doofes Geseiere. Ich sag ja, seichte Veranstaltung. Um deshalb doch noch ein bisschen Pepp in die Sache zu bringen und meiner Resonanz das angemessene Maß Gewicht zu verleihen, habe ich meine bittstellende Vergangenheit knackehart auf einen zukünftigen Rücksprachetermin vertröstet. Doll oder? Meine Vergangenheit musste also zwangsweise ein Ticket in die Zukunft lösen, Ankunftsort und -zeit unbekannt. Da kann Oskar mit seinem läppischen Stolz nicht gegen anstinken!

An dieser Stelle habe ich dem öden Drehbuch also eigenhändig ein paar saftige Zeilen zugefügt und zeichne mich somit selbst für ein kleines Spannungshighlight verantwortlich. Den großen Bums habe ich dann nach Einhaltung einer spannungserhaltenden Frist losgelassen, indem ich meiner Vergangenheit erklärt habe, dass leider aktuell keine vakanten Stellen im Angebot sind, die mit dem Profil des Bewerbers vereinbar wären. Ha!

Die Bewerbungsunterlagen werden allerdings vorsorglich archiviert und bei Bedarf hervorgekramt... Man weiß ja nie was die Zukunft bringt.

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